Beim Baggern auf ein Mammut gestossen (< Tages Anzeiger, 16.7.2003)

In Niederweningen legen Archäologen derzeit ein fast vollständig erhaltenes Mammut frei. Es ist vor rund 35000 Jahren in einen Sumpfgeraten.
Von Daniel Bach

Baggerführer Thomas Maag war dabei, einen Graben für die Kanalisation einer Ueberbauung auszuheben, als er mit der Schaufel auf etwas Hartes stiess. Er stieg ab und sah in der Torfschicht einen riesigen Backenzahn und ein grosses Stück Knochen liegen. Maag vermutete sofort, dass es sich um die Reste eines Mammuts handeln körmte. Einen Steinwurf von der Baustelle entfernt liegt das berühmte «Mammutloch», wo Bahnarbeiter bereits 1890 auf Skelettteile von sieben anderen Steinzeitelefanten stiessen.

Ein Paläontologe der Universität Zürich sah sich die Sache an und merkte sehr schnell, dass man auf ein gut erhaltenes Tier gestossen war. Der Architekt liess mit sich reden und unterbrach die Arbeiten für drei Wochen. Seither sind sechs bis acht Mitarbeiter der Kantonsarchäologie rnit Pickeln, Schaufeln, Lanzetten und Pinseln am Buddeln und Freilegen. Sie haben noch bis Ende nächster Woche Zeit, bevor die Bagger wieder auffahren. «Wir arbeiten mit Hochdruck, aber es wird knapp», sagt Grabungsleiter Andreas Mäder.


Der Torf hat das Tier konserviert

Der Archäologe hat genau rekonstruiert, was vor 35000 Jahren mit dem Mammut passiert ist. «Damals gabs hier einen See mit einem Sumpfbereich. Dort ist das Tier hineingeraten und nicht mehr herausgekommen.» Ob es erstickt oder verhungert ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Sicher ist aber, dass es sich irgendwann auf die Seite legte und die Beine anzog. Genau in dieser Position liegt es noch heute im Torf, der es luftdicht eingeschlossen und feucht gehalten hat. «Ein seltener Glücksfall», sagt Mäder.

Den Kiefer haben die Wissenschaftler schon ins Paläontologische Institut gebracht. Momentan sind sie daran, Becken-, Hüft-, Unterschenkel- und Fussknochen, Wirbelfragmente, eine Kniescheibe, Rippen und einen Backenzahn für den Ab- transport vorzubereiten. Die Knochen müssen eingegipst werden, damit sie beim
Verladen nicht zerbrechen.

Ein drei Meter hoher Steinzeitelefant

Wie vollständig das Skelett ist, kann Mäder noch nicht sagen. Den Kiefer haben seine Mitarbeiter zwar gefunden, den Rest des Schädels aber noch nicht. «Vielleicht ist dieser von anderen Tieren gefressen worden», mutmasst er. Es stehe aber jetzt schon fest, dass ein sehr grosser Teil des Skeletts vorhanden sei. Und das ist selten: In der Schweiz ist bisher erst ein einziges vollständig erhaltenes Mammut zum Vorschein gekommen. An den anderen Orten fand man nur einzelne Teile. «Dieser Fund wird mit Sicherheit für Aufsehen sorgen», sagt Mäder. Das Niederweninger Mammut war etwa 10 bis 15 Jahre alt und knapp ausgewachsen. Seine Schulterhöhe betrug knappe drei Meter.

Schon viele andere Tiere gefunden

Mäder hofft, dass man bei den Grabungen noch auf andere Tiere stösst, die während der Eiszeit im Wehntal lebten. 1890 konnten die Archäologen Fragmente eines Wollhaar-Nashorns, eines Wildpferdes, eines Wolfs sowie von Vögeln und Fröschen sichern.